Bericht über den Offenen Abend mit Marcel Philipp

OB sieht nur geringe Chancen für WüWa-Rettung

Oberbürgermeister Marcel Philipp

Über 90 Minuten plus Nachsprechzeit erstreckte sich der Offene Abend mit Marcel Philipp am 11. Januar im Werner-Fuchs-Haus. Aachens Oberbürgermeister und die rund 30 Gäste kamen in der sachlichen Diskussionsrunde auf viele Themen rund um die Alemannia zu sprechen. Nachfolgend eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte.

Aktion „Kulturgut Tivoli erhalten“: Philipp zeigte Verständnis dafür, dass sich viele Fans eine würdige Erinnerungsstätte an unser legendäres altes Stadion wünschen. Der von den Karlsbande-Ultras entwickelte und vom TSV sowie der IG unterstützte Idee, den als einziges Relikt noch bestehenden Treppenaufgang zum Würselener Wall zu erhalten, räumt der Oberbürgermeister allerdings nur minimale Chancen ein.
In den Wall sollen in Kürze vier luxuriöse Terrassenhäuser hineingebaut werden. Die Grundstücke hat die Stadt längst verkauft; der Bebauungsplan sieht den Abriss der Treppe und Abtragen des Walles vor. Nach dem Häuserbau soll er wieder aufgeschüttet und als Grünanlage gestaltet werden. Er sei „sehr, sehr skeptisch“ und könne sich nur „sehr schwer vorstellen“, dass daran noch etwas zu ändern ist, so Philipp. Wenn es bautechnisch überhaupt möglich sei, die Häuser ohne den Abriss der Treppe zu bauen, sei mit erheblichen Mehrkosten zu rechnen. „Zu 99,5 Prozent ist da nichts mehr zu machen.“
Nicht vorschnell verwerfen wollte der OB allerdings den Vorschlag, dass die Fans die alte Treppe in Eigenregie abbauen, die Teile zwischenlagern und aus dem alten Originalmaterial später eine Art Erinnerungstreppe in der neuen Grünanlage errichten. Philipp sagte zu, sich die Pläne diesbezüglich noch einmal genau anzusehen und für weitere Gespräche zur Verfügung zu stehen. „Die Grünflächenplanung sieht ja nach wie vor eine Hang-Situation vor und ist noch nicht im Detail ausgearbeitet. Wenn es technisch möglich ist und wenn Sie es selber übernehmen, dann ist das zumindest nicht von vornherein ausgeschlossen.“ Philipp versprach zumindest, dass es keinen überraschenden Abriss in einer Nacht-und-Nebel-Aktion geben werde.

Neuer Tivoli: Den „sehr belastenden“ städtischen Zuschussbedarf bezifferte Philipp auf rund zwei Millionen Euro. Ideen, das Stadion zu einer Open-Air-tauglichen Arena umzubauen, um es rentabler zu machen, erteilte der OB mit Blick auf die Kosten aber eine Absage. Auch ein Stadionverkauf sei derzeit kein Thema. Hingegen sei durchaus denkbar, dass das Spielcasino länger als bisher geplant und vielleicht sogar dauerhaft im VIP-Bereich des Stadions bleibe. „Das Casino im Stadion läuft so gut, dass die Tendenz da ist, es auch dort zu belassen.“ Der Nachteil: Wenn die Alemannia in den nächsten Jahren „raketenmäßig“ aufsteige und selber wieder mehr Platz brauche, werde es raummäßig ziemlich eng.

Neue Spielbetriebs-GmbH: Der von Insolvenzverwalter Niering vorgestellte Plan, die jetzige insolvente GmbH in Ruhe abzuwickeln und den Profi-Spielbetrieb zur nächsten Saison in eine neu zu gründende GmbH zu übertragen, bewertet der OB aus Sicht der Stadt als nicht problematisch. Man sei bereit, die laufenden Verträge (Stadion, Parkhaus) auf diese neue GmbH übergehen zu lassen, ohne das ganze Paket neu aufzuschnüren. „Wir rechnen ohnehin nicht damit, dass wir aus dem laufenden Insolvenzverfahren am Ende nennenswert etwas herausbekommen. Wenn der Insolvenzverwalter und die Alemannia nun meinen, dass die Gründung einer neuen GmbH ein wirtschaftlich guter und juristisch gangbarer Weg ist, dann haben wir als Stadt da nichts zu kritisieren.“

Sportpark Soers: Hier sollen laut Philipp in den nächsten zwei Jahren entscheidende Weichen für einen Ausbau gestellt werden. Unter anderem wolle der ALRV am Standort seiner veralteten Albert-Vahle-Reithalle eine neue Reithalle bauen. Gewünscht sei darüber hinaus eine neue Sporthalle möglichst mit entsprechender Zuschauerkapazität für die Bundesliga-Volleyballerinnen des PTSV. Aus Kostengründen und weil kein zwingender Bedarf da sei komme eine auch für Konzerte nutzbare Multi-Halle wie in Düren für Aachen aber wohl nicht in Frage. Ein möglicher Standort sei das Gelände hinter dem Parkhaus. Um dem ALRV dafür Ersatzfläche geben zu können, müsse aber erst das Grundstück des Polizeipräsidiums frei werden. Entschieden sei in der ganzen Sache noch nichts.
Zusätzliche Trainingsmöglichkeiten für die Alemannia könnten am leichtesten wohl durch eine vertiefte Kooperation mit dem Eisenbahner-Sportverein geschaffen werden, der gleich hinter dem TSV-Rasenplatz einen weiterenm, nicht sonderlich intensiv genutzten Rasenplatz hat. Dies setze allerdings ein Entgegenkommen des ESV voraus, der für sein Gelände einen langfristigen Pachtvertrag hat.

Das Verhältnis Stadt/Alemannia: Der Groll über die Ereignisse der vergangenen acht Jahre, insbesondere über das „Komplettabschreiben von über 20 Millionen“ in Zusammenhang mit der Stadion-Umfinanzierung und der ersten Insolvenz, ist nach Marcel Philipps Eindruck bei vielen Ratsmitgliedern und Teilen der Verwaltung immer noch nicht verflogen. Nie zuvor in der Geschichte der Stadt sei eine so große Summe „in den Wind geschossen worden“. „Das ist bis heute ein belastendes Thema, das mit dazu beiträgt, dass alles Neue rund um die Alemannia immer noch nicht befreit diskutiert werden kann. Es dauert länger als von mir erwartet, dass der Verein wieder Vertrauen in der Politik gewinnt“, so Philipp. Wohl mit Blick auf die zweite Insolvenz fügte er an: „Ich hatte auch gedacht, es würde der Alemannia schneller gelingen, auf dem Boden der Tatsachen anzukommen und ihre Kostenstrukturen den tatsächlichen Verhältnissen in der vierten Liga anzupassen.“
Inzwischen habe er aber das Gefühl gewonnen, dass die jetzigen Verantwortlichen dieses „Auf dem Boden angekommen“ akzeptiert haben und dass sie denn Neuaufbau mit gutem Augenmaß vorantreiben: „Das läuft jetzt ordentlich. Das Selbstverständnis ist jetzt das richtige, und der Gesamteindruck, den die Alemannia hinterlässt, wird allmählich wieder positiver.“


 

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